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Kategorie: > Telefone bis 1930
Deutsch-französisches PTT 1924 von Tefag
Etienne
(Mailadresse bestätigt)

  12.09.2021

Ich habe letztens ein französisches Modèle 1924 erworben, dessen Hersteller Tefag ist. Datum des öffentlichen Ausschreibung: 15. August 1928, laut Stempel auf dem Gerät wäre es 1930 gefertigt worden. Das Gerät ist ein perfekt normales, mit richtiger, frühen Gabel.
"Er heisst Waldemar, und der is kein Star,
seine Heimat ist Berlin aber ich liebe ihn." (naja, das kam später)
Ich kenne kein anderes französisches Tefag-Gerät (ausser einige solche- selbes Datum), doch im selben Jahr (Ende Januar 1928) gewann DeTeWe eine solche Auschreibung (Deutsche Telefonwerke U. Kabelind. Berlin- Berlin steht laut und deutlich auf dem Schild!). Ich vermute da eine Art diplomatisches Geschenk.
Gegen 1925 entspannten sich die deutsch-französischen Beziehungen. Aussenminister Gustav Stresemann war bewusst, nur durch diplomatischen Mitteln war die deutsche Lage den Alliierten entgegen zu verbessern (Ruhrbesetzung, Kriegschulden, ...), nahm 1925 an die Konferenz von Locarno teil, und wurde 1926 zusammen mit französichem Aussenminister Aristide Briand Nobelpreisträger.
Am 27. August 1928 war Stresemann in Paris und unterzeichnete dort den Briand-Kellog-Pakt (Kriegsächtungsvertrag).
Dass zwei deutsche Telefonhersteller binnen 8 Monaten französische Ausschreibungen gewannen, und weder später noch früher, ist meiner Meinug nach  weist direkt auf die deusch-französische Politik dieser Jahre hin.
Mich wundert, wie günstig für beide Unternehmen dies wurde: ausser in Frankreich (was mit dem Importsteuer?) waren diese Geräte wirtschaftlich eher unrelevant, die Maschinen konnten dann nicht amortisiert werden, oder?
Weiss jemand dazu?





Anzahl der unterhalb stehenden Antworten: 9
Etienne
(Mailadresse bestätigt)

  04.12.2021
Dieser Text bezieht sich auf den Beitrag von Volkmar vom 20.10.2021!  Zum Bezugstext

Danke!
Verzeiht für die sehr späte antwort.
auf dem zweithörer von C. Lorenz steht:
"MARCHÉ DU 24. JANVIER 1928. PRORIÉTÉ DE L'ÉTAT"

Inzwischen habe ich ein PTT 1924 von DeTeWe erworben. drauf steht auch "MARCHÉ DU 24. JANVIER 1928".
En passant: der Punkt nach dem Tag (24.) existiert auf französisch gar nicht. Das ist noch deutsche Typographie.

"Propriété de l'État" = Staatseigen (auf deutsche nachkriegsapparate bloss "Post")
"Marché du ..." oder "Adjudication du..." = öffentliche Ausschreibung vom (+ Datum).
Beide wurden bis zum Ende vom PTT verwendet. Später, als Benutzer ihre Fernsprecher nicht mehr bei der Post mieteten, sondern kauften, gab es nur noch ein Etikett: "Dieses Gerät kann ans öffentliche Netzwerk angeschlossen werden. Genehmigung vom..." Selbst das existiert heute nicht mehr. Alles nur privat...

Zu den Markierungen auf französische Frensprecher:
http://alain.levasseur.pagesperso-orange.fr/  - "Les poinçons"
Ab dem 1.1.1893 wurden die Apparate, die ans öffentliche Netzwerk angeschlossen werden konnten, markiert.
-"LT" (auf den deutschen 1924 "TL") = lignes téléphoniques. Das Gerät kann ans PTT-Netzwerk angeschlossen werden.
-Manchmal dann Monat
-Dann Produktionsjahr.

Das Ausschreibungsdatum ist sehr oft nicht das der Herstellung.
Bei meine 2 deutschen PTT 1924: Tefag, Ausschreibung 15.8.28, TL 30
DeTeWe, Ausschreibung 24.1.28, TL 28.


Volkmar
adminkommoss.com
(Mailadresse bestätigt)

  20.10.2021

Zufällig bin ich auf ein solches Modell gestoßen, das zwar nicht selber von Lorenz ist aber der Zweithörer ist mit "C.LORENZ A.G. BERLIN-TEMPELHOF CONSTRUCTEUR" gekennzeichnet. Fotos darf ich nicht veröffentlichen, da sie nicht von mir sind, ein Link ist aber erlaubt.

https://www.catawiki.com/da/l/28722629-appareil-mobile-mod-1924-c-lorenz-a-g-berlin-tempelhof-fransk-lysestage-skrivebord-telefon-1924-metal-kuffert-bakelit-horn

Was bedeutet eigentlich dieses "marché du?

Gruß
Volkmar (aus....Tempelhof!!!)


Etienne
(Mailadresse bestätigt)

  16.09.2021
Dieser Text bezieht sich auf den Beitrag von Dietrich Arbenz vom 16.09.2021!  Zum Bezugstext

Vielen Dank für die vielen Antworten! Das mit dem Vertrag von Versailles könnte ganz erklären, wie DTW und Tefag die Ausschreibung gewinnen konnten.

Zum Kondensator: die Typographie der Anführungszeichen ist deutsch: „Propriété de l'Etat“ statt "Propriété de l'Etat".
Hier ist das Bild eines Teprina-Modell, das die Ursprung des Design verrät. Ich habe auch Maingau-Modelle gesehen, mit Bakelitgabel und frz. 1924-Hörer. Trugen aber keinen Herstellername auf dem Gehäuse.
Zur Geschichte von Teprina:
https://books.google.fr/books?id=b1mBxGV6Lb4C&pg=PA186&lpg=PA186&dq=telefonbau+Normalzeit+teprina&source=bl&ots=9tSVkHMruP&sig=ACfU3U1ek8Pl4Au9OV238E2LF4VcUeTDjQ&hl=fr&sa=X&ved=2ahUKEwj_pfaDkvzxAhVErxoKHdkvCR8Q6AEwA3oECAYQAw#v=onepage&q=telefonbau Normalzeit teprina&f=false

Kurz auf deutsch: 1910 gegründet von Fuld ("Le Téléphone Privé"), während des 1. WK beschlagnahmt, ab 1919 wieder gegründet (vom selben Direktor) als Téléphone Privé National, ab 1934 schwere Phase im Kontext der Weltwirtschaftskrise. Sonst moderne und innovative Fernsprecher, aggressive Werbung. Es hätte sogar ein "Magazine Teprina" exisitiert, mit Filmstarsinterviews.

Allerdings war Teprina eine private Gesellschaft, frz. Tochterunternehmen des deutschen Fulds, das Fuld-Geräte produzierte und entwickelte (hatte aber auch eigene Modelle), keinesfalls aber für die PTT. Das taten viele grosse Unternehmen vor der Gründung des gemeinsamen europäischen Markt. In der Zwischenkregszeit, z.B. Ericsson: Société des Téléphones Ericsson, ITT: Le Matériel Téléphonique (Schöpfer vom 1924, zuerst als "candlestick") und Compagnie Générale de Constructions Téléphoniques/ Compagnie des Téléphones Thomson-Houston, im Autobereich Fiat: Simca, bloss um Importskosten zu vermeiden. Dass die PTT nur von frz. Lieferanten bezog, hatte wahrscheinlich bloss damit zu tun, dass bei öffentlichen Auträgen ausländische Liefenrante wegen Importskosten ganz sicher einfach teurer waren.


Dietrich Arbenz
dietargmx.net
(Mailadresse bestätigt)

  16.09.2021

Hallo Etienne,

je voudrais bien continuer notre contact regardant la telephonie francaise; pourriez-vous me renvoyer votre email address a mon email address a gauche.

Meilleurs salutations  Dietrich
Dietrich Arbenz
dietargmx.net
(Mailadresse bestätigt)

  16.09.2021

Hallo,

es gab in den späteren 1920er Jahren beim Vertrag von Versailles insofern eine Modifikation, als statt der als Folge des Versailles-Vertrags vom Deutschen Reich zu zahlenden finanziellen Entschädigungen es alternativ möglich wurde, deutsche Waren nach Frankreich zu liefern, wobei der deutsche Lieferant dann von der Reichsregierung bezahlt wurde.
In dieser Zeit hatte Frankreich u.a. einen aus dem Elsass stammenden Telekommunikationsminister, der dieses Verfahren nutzte. Als Elsässer kannte er die Leistungsfähigkeit von Siemens & Halske, u.a. bei der Automatisierung ländlicher Netzgruppen - ein vergleichbares System konnte die französische Industrie damals nicht liefern. So erhielt Siemens damals den Auftrag für die Netzgruppe St. Malo, die ein voller Erfolg wurde.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Anschaffung der 1924er Apparate/Modelle auf demselben Weg erfolgte.

Noch ein Wort zur Netzgruppe St. Malo: Diese Netzgruppe war sehr erfolgreich, löste sie doch (wie in Deutschland zuerst 1923 bei der Netzgruppe Weilheim) das Problem, dass auch kleinere ländliche Ämter einen kostengünstigen 24 h-Betrieb erhielten. Anders als bei Weilheim erweiterte Siemens die St.Malo-Lösung so, dass auch OB-Apparate in die Lösung eingebunden werden konnten - es mussten also nicht gleich alle OB-Apparate gegen Apparate mit Nummernschalter ausgetauscht werden. Insgesamt hat Siemens dann in der ersten Hälfte der 1930er Jahre wohl 80(?) solcher Netzgruppen nach FKR geliefert.

Siemens hatte bereits Ende der 1920er Jahre in Frankreich die Compagnie Generale Telegraphique et Telephonique (CGTT) erworben, als Keimzelle für ein geplantes größeres Frankreich-Geschäft, weil die französische PTT ihre Einrichtungen de facto nur von französischen Lieferanten bezog. Wohl mit dem Erfolg der Netzgruppentechnik von Siemens wurde die französiche Industrie allerdings so nervös, dass sie die Siemens-Lieferungen genauer unter die Lupe nahm und tatsächlich die Verletzung eines französischen Thomson-Houston-Patents fand. Der nachfolgende Patentprozess ging über mehrere Jahre, doch hatte Siemens insgesamt wohl die schlechteren Karten - in einem Vergleich verpflichtete Siemens sich, keine weiteren Netzgruppen mehr zu liefern; die installierten durften aber bestehen bleiben und auch noch erweitert werden. Das war de facto jedoch das Ende der Siemens-Bemühungen, auf dem französichen Markt Fuß zu fassen (abgesehen von einem kleinen Nebenstellengeschäft).

Gruß Dietrich
countryman
ackersmanngmx.net
(Mailadresse bestätigt)

  13.09.2021
Dieser Text bezieht sich auf den Beitrag von Thomas Göbel vom 13.09.2021!  Zum Bezugstext

Im französischen Wikipedia-Artikel über die Firma Télic wird auch auf Fuld Bezug genommen, allerdings reichen weder mein Schulfranzösisch noch die Google-Übersetzung um zu beurteilen wie fundiert das ist.
https://fr.wikipedia.org/wiki/Téléphonie_Industrielle_et_Commerciale
Ich habe ein Télic P13 aus der Nachkriegszeit, der Handapparat ist sehr sehr ähnlich dem vom Trommelwähler und hat auch Kapseln in deutscher Standardgröße. Die Erd- und Flackertaste ist auch ganz ähnlich wie beim W48 geschaltet. Die Sprechschaltung ist aber sehr vereinfacht, Hör- und Sprechkapsel liegen einfach in Reihe.


Thomas Göbel
thomas.goebelpriteg.de
(Mailadresse bestätigt)

  13.09.2021

Noch ein Beispiel für deutsch/französische Wirtschaftskontakte in der Zwischenkriegszeit: Harry Fuld gründete (indirekt) Anfang der 20er Jahre das französische Unternehmen TEPRINA (Téléphonie privée nationale), welches mit gutem Erfolg Fuld-Produkte in Frankreich vertrieben hat.
Peter
kombi124gmx.de
(Mailadresse bestätigt)

  13.09.2021
Dieser Text bezieht sich auf den Beitrag von Etienne vom 12.09.2021!  Zum Bezugstext

....und dazu ein Hydra Kondensator...
Etienne
(Mailadresse bestätigt)

  12.09.2021

Mehr Bilder.
In allen Bakelitteilen steht: "TROLIT SPEZ. I"
Das wäre dann kein Bakelit, sondern Trolit (Celluloseacetat), häufiger zu finden im Deutschsprachigen Raum als in Frankreich, wenn ich mich nicht irre.





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